Heute ist so ein Tag, an dem ich die Stellensuche nicht als so anstrengend empfinde, wie an anderen Tagen. Was die letzten Wochen genervt hat, war das Warten. Und die Unsicherheit, die ich nicht gewohnt bin. Denn in den letzten Jahren war die unmittelbare Zukunft ziemlich überschaubar, zumindest grob. Ich merke, dass ich Struktur mag und vielleicht sogar brauche. Freie Zeit muss natürlich auch da sein – aber irgendwie fühlte ich mich zum Beispiel im ersten Semester, als ich sehr volle Tage hatte, gefüllt mit Testaten, Seminaren und Vorlesungen, insgesamt besser als gerade. Zufrieden und erfüllt, inspiriert von den ständig neuen Lerninhalten, euphorisiert, mir das Fach Stück für Stück zu erschließen. (Das mag jetzt etwas übertrieben formuliert sein, aber im Kern stimmt es doch. Ich denke, ihr wisst schon, was ich meine.) Ich mag es, zu lernen und zuzuhören. Deshalb war ich vor zwei Jahren für einen Monat in einer Art Yoga-Hogwarts und vor zwei Wochen habe ich die Konferenz der DGKJ, der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, gefeiert. Endlich wieder food for thought!
Aber zurück zur heutigen Storyline.
Die zwei Hospitationen, zu denen ich in den letzten drei Wochen war, waren interessant. So schnell werde ich nicht noch einmal die Chance haben, einfach mal mitzulaufen mit den Assistenten, Abläufe zu beobachten, über Tablets bei der Visite zu staunen oder gar komplett digitalisierte Kurven kennenzulernen. Nett ist es irgendwie immer, und ich war überrascht, wie viel Interesse mir entgegen gebracht wurde. An Einzelheiten meines Lebenslaufs zum Beispiel; ich hatte immer gedacht, dass viele Chefs darauf gar nicht so genau schauen würden, eher daran interessiert wären, Vakanzen schnell zu füllen, als daran, wer ich so bin. Dass ich mich in einer Großstadt freuen würde müssen, überhaupt irgendwo hospitieren zu dürfen; und damit rechnen müsste, weite Wege in Kauf zu nehmen oder vielleicht auch in einer Klinik anzufangen, von der ich nicht behaupten würde, dass es Liebe auf den ersten Blick war.
Doch in echt sieht es viel besser aus und obwohl ich mir eigentlich grundsätzlich vorgenommen habe, nicht zu viele Vorurteile zu haben, ertappe ich mich dabei, dass ich mir die Situation zu grau ausgemalt habe. Die Bilanz von heute: zwei de-facto-Jobangebote aus peripheren Kliniken (zugegeben, also nicht allererste Wahl, wenn ich es mir wirklich aussuchen darf). Eine davon eine Reha-Klinik mit unglaublich herzlichen Oberärzten. Aber jeder Menge Verantwortung auf der einen und relativ wenig Patientenkontakt auf der anderen Seite. Die andere ein Haus im ländlichen Raum, bodenständig und breit aufgestellt, aber mit ziemlichem Personalmangel auf vielen Seiten. Die Stimmung unter den Assistenten: Zusammen schaffen wir das! Der Preis, den ich würde zahlen müssen: weite Wege raus aus der Stadt und jede Menge Dienste.
Trotzdem – in Summe ist das doch kein schlechter Anfang.
Wer sonst kann es sich erlauben, so genau in sich reinzuhören und abzuwarten, ob nicht etwas um die Ecke kommt, was noch besser passen würde? Denn es stehen noch wichtige Hospitationen aus, in zwei Häusern, von denen ich viel Gutes gehört habe. Und mit denen der E-Mail-Austausch bislang sehr vielversprechend war. Und meine PJ-Klinik hat sich auch noch nicht gemeldet. Also gleich mehrere Hoffnungsschimmer!
Nach wie vor gefällt mir die Unsicherheit, wann ich wo werde anfangen dürfen, nicht. Und gleichzeitig bin ich heute optimistisch: Vermutlich werde ich schneller unterkommen, als mir gerade lieb ist. Und zwar nicht provisorisch, weil ich nehmen muss, was ich kriegen kann. Sondern in einem Team und einem Haus, in dem ich mich wohl fühle.
Ich glaube, ich sagte es schon einmal an dieser Stelle: Was habe ich doch für ein Lebensglück.