Endlich mal wieder ein richtiger Frühlingstag in Paris. In den letzten Wochen war es ungewohnt regnerisch und ungemütlich. Und wie jede Stadt kann auch Paris sich bei solchen Verhältnissen nicht in seiner ganzen Pracht präsentieren. Doch heute wieder. Die Sonne lacht, nur einige wenige Wölkchen sind am Himmel zu sehen. Die Pariser zieht es nach draußen.
Bei schönem Wetter sind die Pariser Parks besonders gut besucht
Es ist 11.00 Uhr. Im Parc des Buttes Chaumont tummeln sich Hundebesitzer, junge Familien und – sehr viele – Sportler. Insbesondere Jogger ziehen ihre Runden. Hügel rauf und Hügel runter wird gegen Winterspeck gearbeitet und die Kondition trainiert. Ich überhole eine Fitnessgruppe, die sich im BootCamp-Stil sehr ehrgeizig körperlich ertüchtigt. Eine Trainerin demonstriert die Übung: Knie abwechselnd hüfthoch ziehen, Arme unterstützend mitbewegen, richtig atmen. Die machen das wohl häufiger, souverän folgen die Leute dem Beispiel ihrer Lehrerin. Ach nein, da kommt doch eine Frau ins Keuchen und zieht die Beine nach drei, vier Schritten nicht mehr ganz so hoch, wie beruhigend. Sonst bekomme ich ja direkt ein schlechtes Gewissen, was den eigenen Trainingsstand angeht…
Um den Ausblick über die Stadt zu genießen, erklimme ich den höchsten Punkt des Parks – und stoße dort prompt auf die nächste Gymnastikgruppe. Die chinesischen Frauen zwischen 40 und 60 haben sogar ihre eigene Musik mitgebracht und sich mit dem weißen Pavillon mit Blick auf das Sacré-Coeur wohl einen der schönsten Orte in Paris für ihre Morgenaerobic ausgesucht. ‚yi! er! san! si!* hey! hey! hey! hey!‘ schallt es im Takt aus den Lautsprechern. Synchron führen sie dabei immer wieder die gleichen Tanzschritte durch. Sehr harmonisch sieht das aus. Ansteckend. Fast hätte ich Lust mitzumachen. Aber nein, lieber noch ein bisschen spazieren gehen. Amüsiert schaue ich einem Jogger mit gewagt kurzem Höschen hinterher. Vermutlich ist es nicht weniger Stoff als es für Fußballhosen der 50er üblich war, aber neben den ganzen anderen Joggern mit zwar eng anliegender, aber meist langbeiniger Funktionskleidung fällt er ziemlich auf. Angenehm luftig ist es bestimmt!
An der nächsten Ecke kommt ein kleiner umzäunter Platz zum Vorschein, ausgelegt mit weichen Gummiplatten. Ideal für Fitnessübungen. Schön, dass Paris seinen Bürgern solche kleinen Juwelen zur Verfügung stellt. Doch relativ voll ist er, vermutlich gibt es noch zu wenige Plätze dieser Art. Drei Leute führen konzentriert und elegant ihre Qi-Gong-Übungen aus. Das ist bestimmt gar nicht so einfach bei dem ganzen Rummel um sie herum. Nebenan haben etwa 15 Leute ihre Matten ausgerollt, etwa Yoga im Freien? Nein, das sieht eher nach Bauch-Beine-Po aus. Ein Schild informiert: Die Stadt bietet hier mehrfach in der Woche angeleitete Kurse an, an denen man kostenlos teilnehmen kann. Toll! Mehr davon!
Auch Kinder kommen auf ihre Kosten
Etwas hinter Büschen versteckt ist ein Spielplatz mit einer großen Sandkiste zu finden. Eintritt frei. Nur für die Schiffschaukeln und das Ponyreiten etwas weiter unten werden die Eltern zur Kasse gebeten. Ich muss grinsen, als ich die Knirpse zu Ross erblicke. Geradezu hoheitsvoll und mit ernsten (da überaus konzentrierten) Gesichtern thronen sie in ihren Satteln und werden eine kleine Runde ausgeführt. Entzückend!
So vergnügt und betüchtigt sich jeder auf seine Art und genießt den freien Tag. Mich hat das ganze angespornt und ich beschließe, heute Abend auch noch eine Runde joggen zu gehen. Doch lieber im Parc de la Villette, entlang des Kanals. Für ein Nordlicht wie mich ist der Parc des Buttes-Chaumont nämlich eindeutig zu bergig.
*Chinesisch für ‚eins! zwei! drei! vier!‘