Meine Mutter erzählt wieder einmal davon, dass sie ihr Zeugnis einfach nach Hause geschickt bekommen hat. Gefeiert mit Freunden? Zeremonie an der Uni? Abschlussball? Sie schüttelt den Kopf. Auf diese Ideen wäre sie nicht einmal gekommen. In den 80ern war das nicht üblich. Zu spießig oder einfach aus der Mode oder wir nehmen uns selbst heute wichtiger – wer weiß das schon.
Ich freue mich darüber, dass wir heute solchen Momenten mehr Beachtung schenken.
Schenken dürfen.
Denn wenn man streng ist, ist das schriftliche Examen zwar ein wichtiger Meilenstein im Medizinstudium, aber es markiert weder das Ende noch stellt es für den Großteil der Studenten eine Hürde dar, die man auch mal umreißt, wie das Physikum. Aber trotzdem.
Ich komme in den Genuss der heutigen Zeit.
Meine Schwester, die sechs Stunden Bahnfahrt auf sich genommen hat, um mich mit Blumen und Sekt vor dem Audimax in Empfang zu nehmen. Das Party-Wochenende nach dem Examen, voller Erleichterung darüber, diese Prüfung und vor allem die Lernzeit davor bezwungen zu haben; voller Stolz, den nächsten Schritt gemacht zu haben. In ruhigen Minuten ein Gefühl von seltsamer Leere. Müde und geschafft, ausgepowert und erleichtert. Vergleichbar mit der Stimmung am Ende meiner ersten Klassenreise in der Grundschule, als ich zu Hause erst einmal geweint habe, weil es so seltsam still und ich traurig war, nicht mehr umgeben von meinen Freunden zu sein.
Was fängt man jetzt an mit dieser Zeit? Klar, in den letzten Wochen haben sich Bücher gestapelt, habe ich mich darauf gefreut, Sport zu machen, ein Regal zu zimmern. Aber jetzt?
Alles erstmal zu anstrengend irgendwie.
Jetzt muss ich erstmal wieder runterkommen. Und mich wieder daran gewöhnen, dass stille Momente ruhig wieder dazugehören dürfen. Und richtig gut tun.