Familienurlaub in Kanada. Mein erster ‚Roadtrip‘ in Nordamerika. Städte, Natur, Auto. Impressionen.
Die Niagara-Fälle
So seltsam das klingen mag – ich bin positiv überrascht. Denn obwohl sich ein Teil von mir auf ein beeindruckendes Naturschauspiel eingestellt hat, hat ein anderer Teil auch versucht, die Erwartungen nicht all zu sehr in die Höhe schnellen zu lassen. Denn immerhin habe ich in der Vergangenheit schon von einigen Leuten gehört, dass es schrecklich sei, wie die Niagarafälle zugebaut seien. Betonpaläste in Form von Hotels, Casinos, zu viele Touristen.
In der Tat sind die Niagarafälle nicht mitten in der unberührten Natur, sondern rundherum touristisch erschlossen. Von der Promenade auf der kanadischen Seite hat man allerdings wirklich einen tollen Blick auf die in die Tiefe stürzenden Wassermassen, hört es rauschen und toben – und wer davon nicht trotzdem angetan ist, ich weiß auch nicht, der hat vielleicht schon zu viel gesehen oder versucht über einen abfälligen Kommentar, seinem weitgereisten Hippie-Backpacker-Ego gerecht zu werden. Wie dem auch sei: Ich fand’s schön!
1.000 Islands – Gananoque
Ob es wirklich so viele sind in diesem Teil des Lake Ontario – vermutlich weiß Google Bescheid. Ich aber nicht. So wichtig ist es auch nicht, zumindest nicht für unser heutiges Programm: eine Kajak-Tour. Die drei großen öffentlichen Inseln, umringt von einem guten Dutzend kleiner Inselchen, auf denen private Häuser stehen (typisch neu-englisch aus Holz, mit Veranda) sind vollkommen ausreichend angesichts unserer Paddel-Kenntnisse und dem Trainingszustand unserer Schultermuskeln.
Der Himmel meint es gut mit uns: Die Sonne scheint, kaum eine Brise ist zu spüren, so dass das Wasser angenehm ruhig und anfänger-freundlich glatt und glänzend vor uns liegt. Die erste schwierige Passage – die ‚Seestraße‘, auf der Yachten und Ausflugsschiffe bedrohlich groß aus dem Hafen fahren – wird erfolgreich überwunden. Ein erster Triumph! Auch das Kartenlesen klappt besser als erwartet (immerhin ist es das erste Mal auf einem See), wir fahren an der ersten Insel vorbei, verstehen die Dimensionen und Maßstäbe und freuen uns über den kanadischen Ordnungssinn – beschilderte Inseln und Anlegestellen.
Wir steuern einen kleinen Strand an, denn die Sonne hat uns so gern, dass das Wasser immer verlockender zu einem erfrischenden Bad einlädt. Ein paar Camper grüßen freundlich – sie machen eine Mehr-Tages-Tour. Das wäre auch was gewesen! Vielleicht beim nächsten Mal. Das Wasser fühlt sich exakt an, wie wir es uns ausgemalt haben – kühl aber nicht zu kalt, frisch, weich.
Kanada, heute kommst du mir ein bisschen wie Schweden vor. Wie vielseitig du doch bist!
Quebéc
Dass der Akzent schwierig zu verstehen ist im französischsprachigen Kanada und ganz anders klingt als der europäische, den ich kenne, war mir bekannt. Aber dass er so witzig klingt? Der Freund meiner Schwester muss sich zusammenreißen, um nicht bei jedem Gespräch breit zu grinsen. Er amüsiert sich prächtig. Und ich kann es ihm nicht verübeln – selbst als nicht-Muttersprachler ist der andersartige Tonfall nicht zu überhören.
Nach einem Tag in der sehr europäisch anmutenden Altstadt (mit einer interessanten Mischung aus französischer und englischer Architektur – die französischen Häuser aus unbearbeiteten Feldsteinen, die englischen aus sorgfältig bearbeiteten Quadern; den Franzosen fehlte laut unserem Stadtführer das technische Know-How dafür, wir fragen uns, ob es nicht vielleicht auch eine Frage des Geschmacks war) gehen wir abends in den Zirkus. Artisten der ‚Flip Fabrique‘ begeistern im Sommer allabendlich die Menschenmenge – ein gratis Service der Stadt. Der Region geht es wirtschaftlich gut (die Wasserenergie ist in staatlicher Hand) und wir bekommen den Eindruck, dass die Stadt versucht, alle Bürger davon profitieren zu lassen. Neben öffentlichen Plätzen mit Picknicktischen und Grills (nicht etwa vereinzelt, sondern so, dass jeder Platz hat) ist sogar Geld dafür übrig, das Dach eines Gebäudes neu zu bedecken – mit strahlendem, neuen Kupfer!